Freitag, 29. März 2013

Kolumnisten wären gerne Rapper

Jede ernstzunehmende Tageszeitung hat eine Kolumne auf der ersten Seite. Die Süddeutsche Zeitung hat beispielsweise „Das Streiflicht“ am linken Rand und der Tagesspiegel hat seine Kolumne unten in einer Box um das schwarzweiß gezeichnete Poträt des aktuellen Kolumnisten drapiert. Beim täglichen Zeitungskonsum lese ich die Kolumnen eigentlich nicht, da sie nicht mein Informationsbedürfnis über Tagespolitik und Ereignisse in der Welt stillen. Ab und zu lese ich die Kolumnen doch und daher fragte ich mich: Was ist eigentlich eine Kolumne und für wen wird sie geschrieben?

Kolumnen beziehen sich meistens auf Interessante Entdeckungen aus der Kategorie „Kuriosum“ oder provokante Äußerungen von C-Stars. Die Kolumne ist also nicht in erster Linie für die Leser da, sondern der Autor bekommt einen Platz zum stillen seines Mitteilungsbedürfnisses. Da das alleinige Mitteilen sinnloser Fakten oder Gedanken aber auf keinerlei Interesse beim Leser stößt, wird eine bestimmte Sprache und ein rätselhafter Ausdruck verwendet um beim Leser den Spieltrieb zu stimulieren. Der gemeine Leser liest die Kolumne also nicht, um informiert zu werden, sondern um in einer Art Spiel die rätselhaften Ausdrücke des Kolumnisten zu entschlüsseln. Wenn man tatsächlich die Wortspiele versteht und darüber schmunzeln kann, dann fühlt man sich dem Kolumnisten intellektuell ebenbürtig. Spaß am Rätselraten und Testen des eigenen Intellekts und Allgemeinwissens ist der Grund für das Lesen von Kolumnen. Gute Kolumnen schaffen schon fast poetische Texte. Man schaue sich z.B. das folgende Zitat an:
Die Gottesteilchen tanzen einem auf der Nase rum, sibirische Isobaren wirbeln ungebremst durch die Frühlingsluft, die Peta-, Exa- und Zettabytes rauschen nur so vorbei...(Das Streiflicht, 27. März 2013)
 Die Kolumnisten versuchen also auch einen gewissen Flow aufzubauen und spielen mit der Sprache. Das ist prinzipiell nichts anderes als Rap. Rap mit spießigem Inhalt und ohne Beats. Quasi der frühmorgentlich verträglicher Hip-Hop für die breite Gesellschaft.

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