Freitag, 11. Januar 2013

Rundfunkgebühren - sind die Irre?

Bundesarchiv Bild 102-08308, Berliner Funkausstellung, Rundfunksender Vielleicht hat es noch nicht jeder mitbekommen, aber seit dem 1.1.2013 muss jeder Haushalt in Deutschland 17,98 Euro pro Monat Rundfunkbeitrag zahlen.
Bis Ende 2012 musste jeder Haushalt in der Regel zwar auch 17,98 Euro zahlen (Rundfunkgebühr), aber falls im Haushalt kein Fernseher war (oder dieser verschwiegen wurde) so mussten nur 5,76 Euro bezahlt werden. Falls man gar kein Rundfunkempfangsgerät hatte, hätte man sogar gar nichts zahlen müssen.

Erstmal ganz witzig ist, dass der Öffentliche Rundfunk mitsamt Gebührensystemumstellung anscheinend auch das üble Image der GEZ und der von ihr eingetriebenen Rundfunkgebühr aufpolieren wollte. Anstatt aber einfach ein gerechtes Gebührensystem zu schaffen (schwieriger Weg) wurde der Einfachste gewählt: Umbenennung der Institution und der Gebühr. Die Gebühr hieß übrigens nie GEZ-Gebühr/Beitrag (dagegen verwahrte sich die GEZ), sondern Rundfunkgebühr. Die GEZ war nur die Gebühreneinzugszentrale. Nun heißt die Gebühr Rundfunkbeitrag, obwohl man Beiträge gemeinhin nur für Vereine bezahlen muss und aus Vereinen kann man austreten... Dem Rundfunkbeitrag kann man nicht entfliehen. Vielmehr berichtet die Welt, [1] dass sogar Daten der Einwohnermeldeämter nun zum Eintreiben der Gebühren Beiträge herangezogen werden. Die Institution heißt nun ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice.

Was mich ein wenig stuzig macht ist, dass ja nun jeder der vorher 5,76 Euro gezahlt hat fast 12,23 Euro mehr zahlen muss. Daher vermute ich, dass die Gesamteinnahmen der Ex-GEZ massiv steigen werden. Leider finde ich keine Statistik wie viele Gebührenzahler 2012 den verminderten Radio-Beitrag (5,76) und wie viele den vollen Beitrag zahlten.
Jedenfalls nahm die GEZ 2012 ca 7,5 Milliarden Euro ein bei 41 Millionen Beitragskonten. [2] Unter der Annahme, dass der Anteil der GEZ-Einnahmen 2012 und 2013 zum größten Teil von Privathaushalten stammt (laut SZ 92% [3]) und auch die Beitragskonten ungefähr gleichbleiben, ist eine starke Erhöhung der Einnahmen bei der GEZ/Beitragsservice für 2013 zu erwarten. Nimmt man an, dass 1 Million Beitragskonten Unternehmen zugeordnet sind (sehr hoch geschätzt), so zahlten 40 Millionen Bürger GEZ und zwar im Durchschnitt 13,70 Euro. Die Anzahl der Beitragszahler wird in etwa konstant bleiben im Jahr 2013, denn auch früher musste eine durschnittliche Familie nur einen Beitrag zahlen obwohl mehr als 1 Fernsehr vorhanden war. Die Systemumstellung von „Anzahl der Geräte“ auf „Anzahl der Haushalte“ mitsamt Umbenennung der Gebührenzentrale und der Gebühr sind nichts als ein Etikettenschwindel. Es ändert sich nichts grundlegendes, außer dass der Durchschnittsbürger mehr zahlt und der Öffentliche Rundfunk (ÖR) mehr einnimmt. Ich vermute unter obigen Annahmen, dass 2013 8,6 Milliarden Euro nur von den Privathaushalten an den ÖR gehen. Somit werden sich die Gesamteinnahmen vermutlich auf 9,4 Milliarden Euro für den Beitragsservice 2013 belaufen, was einer Einnahmenerhöhung um 25% entspricht. Die ARD schreibt zu diesem Punkt nur [4]
Die Rundfunkanstalten haben sorgfältige Annahmen getroffen, wie sich der neue Rundfunkbeitrag auf die Einnahmen auswirken wird. Sie sind dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich Mehr- und Mindereinnahmen etwa die Waage halten werden.
und weiter
Diese Berechnungen wurden auch der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) vorgelegt, die die darin enthaltenen Grundannahmen für plausibel und nachvollziehbar erklärt hat.
Ich finde diese Entgegenung sehr schwach, da keine einzige Zahl genannt wird. Zwar wird auch noch geschrieben, dass etwaige Mehreinnahmen von ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht ausgegeben werden dürfen, aber ich meine die zuständigen Politiker und Spitzenbeamten dachten sich eher: „was man hat, das hat man“.
Auch dass der Beitragssatz auf den Cent identisch bleibt, spricht dafür, dass die zuständigen Beamten entweder keine vernünftigen Gedanken über den neuen Beitrag gemacht haben oder ihre Gedanken von gierigen Politikern oder anderen höheren Beamten übergangen wurden.

Ein weiterer Treppenwitz ist, dass Unternehmen weiterhin Rundfunkgebühren zahlen müssen. Dabei soll doch die Rundfunkgebührenreform gerade sicherstellen, dass jeder Haushalt Rundfunkgebühren zahlt und somit jeder Bürger. Somit zahlt der Durchschnittsbürger gewissermaßen doppelt. Einmal privat und einmal indirekt über seinen Arbeitsplatz. Zwar ist der Beitrag nicht doppelt so hoch, aber trotzdem ist diese doppelte Abgabenabführung doch unnütz und könnte einfach in den privaten Beitrag einbezogen werden. Das würde ein einfacheres Gebührensystem bewirken und die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen. Aber wie oben erwähnt machen sich die zuständigen Politiker die Sache zu einfach und versuchen eine Akzeptanzerhöhung durch eine Umbennung der Gebühr und Institution: Etikettenschwindel.

Kurz zusammengefasst: Das neue System setzt einen vermutlich überzogenen Beitragssatz an und ist im Kern ein Etikettenschwindel.

Wenn man schon ein neues Gebührensystem auflegt, warum dann solch ein faules Ei? Warum nicht die grundlegenden Probleme beheben?
Hauptsächlich regt man sich doch nicht über die GEZ auf, weil man überhaupt etwas zahlen muss, sondern weil erstens nicht ehrlich kommuniziert wird und zweitens keine Gerechtigkeit herrscht.

Es wird nicht ehrlich kommuniziert, weil die Gebühr bzw. der Beitrag de facto keine Wahlfreiheit lässt. Ich kann nicht aus dem GEZ-Verein austreten und ich kann auch nicht den Verein wechseln. Stromanbieter oder Telefonanbieter kann man immerhin wechseln. Die GEZ kann man nicht wechseln.
Es gibt hier viele Möglichkeiten:
  • Verschlüsselung des Programms: Würde man den ÖR verschlüsseln (was im Übrigen jeder halbwegs seriöse Pornoanbieter schafft) und bei Sky oder anderem PayTV anscheinend auch keine Probleme bereitet, so hätte der Bürger eine Wahl. Er könnte sagen: Ja, mir sind unabhängige und seriöse Nachrichten und Hintergrundberichte 18 Euro im Monat wert. Oder er könnte sagen: Nein, mir sind Musikantenstadl und 10 verschiedene Talkshows nicht 18 Euro wert. Ein weiterer Effekt wäre, dass der ÖR vom Beitragszahler steuerbar wäre. Falls reihenweise Beitragsszahler abspringen wäre der ÖR gezwungen sein Programm zu ändern um weiter zuexistieren.
  • Finanzierung aus Steuermitteln. Die Grundidee des ÖR ist heute überholt. In Zeiten des Internets kann sich jeder unabhängige Nachrichten und Informationen ohne Staatskontrolle beschaffen. Solange die Internetprovider und Serverprovider nicht staatlich kontrolliert werden muss niemand Angst vor einer Zensur durch die Regierung haben. Die Trennung von Rundfunk und Regierung ist zwar positiv zu bewerten, aber hinkt in unpraktikabler Art an der Finanzierung. Es ist nicht mehr gerechtfertigt die himmelschreiende Gebührengungerechtigkeit aufrechtzuerhalten nur um die Pseudounabhängigkeit von der Regierung sicherzustellen. Die zuständigen Gremien sind von Politikern besetzt und somit hat die Regierung auch schon heute theoretisch die Möglichkeit den Rundfunk zu beeinflussen. Eine Finanzierung aus Steuermitteln wäre viel gerechter, da dann Multimillionäre mehr beitragen müssten als einkommensschwache Studenten. 18 Euro für Jeden ist einfach unzumutbar für Geringverdiener. Eine Einflusseinnahme auf die Programme und übertragenen Informationen durch die Regierung ist nicht zu befürchten, weil solch eine Beeinfussung sofort durch andere Medien: Internet, Zeitung, privates Fernshehen usw. publik und die Regierung derart diskreditieren würde, so dass sie nicht mehr wählbar wäre.
Die Frage ist also: Warum wurde keine richtige Rundfunkreform durchgeführt, d.h. eine auf Gerechtigkeit basierende Reform. Dieser Etikettenschwindel zeigt nur, wie unfähig die jetzige Regierung ist. Sie will nur zeigen, dass sie handelt. Eine vernünftige Regierung sollte aber bitte nur handeln, wenn das Ergebnis auch sinnvoll ist. Falls nur sinnlose Handlungen durchgeführt werden, dann bitte einfach mal nichts tun!
  1. welt.de am 26.12.12: Der Etikettenschwindel mit dem neuen GEZ-Beitrag
  2. Zahlen zur GEZ auf Wikipedia: ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice#ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice
  3. SZ vom 11.01.2013: Wo ein Kläger, da ein Richter
  4. Faktencheck zum neuen Rundfunkbeitrag auf ARD.de

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