Samstag, 5. Januar 2013

Ein politisch inkorrekter Essay über die Mentalität der Nordamerikaner

Momentan verweile ich in Kalifornien, dem wohl amerikanischsten Teil Amerikas. Eigentlich lässt es sich hier (vermutlich) sehr gut leben (auch wenn einem schon sehr viele Obdachlose über den Weg laufen und die Obdachlosen nicht dem üblich besoffenen und verdrogten Typus, wie sie in Deutschland anzutreffen sind, entsprechen sondern vielmehr größtenteils als verrückt und humpelnd zu charakterisieren sind) , aber trotzdem muss ich ein paar Sachen ansprechen, die ich höchstverwirrend finde. Außerdem folgt aus meiner Verwirrung dann immer eine Verwirrung beim amerikanischen Gegenüber.

Der Anfang macht der Supermarkt und die im Supermarkt befindlichen Starbuck-Cafés. Ersteinmal sind die meisten Verpackungsgrößen so groß, dass ein einfaches reisendes Paar keine Chance hat den Inhalt innerhalb eines Jahres aufzubrauchen. Zum Beispiel sind uns Croissants verwehrt, da es diese nur in 30ger Packs gibt. Wer zur Hölle soll 30 Croissants zum Frühstück essen???? Verrückt. Wenn man dann zum Supermarkt-Café geht und einen Tee bestellt, dann passiert die nächste Verwirrung: Die Verkäuferen gibt einem Eistee. Da guckt man natürlich verduzt. Um einen normalen Tee zu bekommen muss man explizit „hot“ tea sagen. Etwas ähnliches beim Käse: Generell sind Gouda, Camembert und Konsorten nur im Regal für italienische Spezialitäten zu finden. So weit so komisch. Wenn man nun Produkte mit Käse kaufen möchte, zum Beispiel hat man ein Käse-Croissant in der Hand und freut sich über ein Croissant, dass entweder mit Käse überbacken ist oder Käse im Inneren hat, so kann es zu Enttäuschungen kommen. Wenn sich nämlich herrausstellt, dass der Amerikaner unter cheese erstmal Frischkäse, also cream cheese, versteht und nicht „harten“ Käse.
Noch etwas komisches sind die Wärmeinseln mit fertigen Broilern, Mac'n'cheese etc. Diese Inseln versprühen einen sehr ekligen Frittenbudengestank, so dass man sich tunlichst von ihnen fernhalten sollte. Außerdem kostet ein ganzes Hähnchen dort nur $5, die Qualität des Bräulers ist dann natürlich auch nicht besser als dessen Geruch erwarten lässt.

Wenn man es nun geschafft hat die Dinge die man so braucht einzukaufen und zu bezahlen, so wird man gefragt ob man Hilfe braucht um die Sachen zum Auto zu transportieren. Falls man dies bejaht, so werden die Einkaufstüten mittels eines Golfautos zum Auto transportiert. Ja! Die Einpackperson packt die Tüten in ein Golfauto und fährt damit 7 Meter zum richtigen Auto.

Somit sind wir beim Nächsten Punkt angekommen: Das Auto! Ohne Auto bewegt sich der Kalifornier nicht fort. Es ist auch verständlich warum, denn es ist unmöglich zu Fuß irgendwo hin zu gelangen. Ein normaler Parkplatz ist so groß wie ein europäisches Stadtviertel. Das Nachbarhaus (auch mitten in einer Großstadt) ist mindestens 10 Minuten Fußweg entfernt (ok ich übertreibe ein wenig... aber es ist sehr weit weg). Die gesamte Stadtplanung ist aufjedenfall aufs Autofahren ausgelegt und alles ist so weitläufig, dass zu Fuß gehen einfach unmöglich ist.
Zusätzlich sind die Straßen riesig, denn es gibt ihr haufenweise Autos die ich eigentlich als Trecker oder Truck bezeichnen würde, aber anscheinend normale PKWs sind die zum Einkaufen und dergleichen verwendet werden. Eines der ganz großen ist ein bestimmtes Ford-Pickup-Modell, das so groß ist, dass die Oberkante des Kühlergrills bis zu meinem Hals reicht. D.h. wenn ich direkt vor dem Auto stehe, sieht mich der Fahrer vermutlich nicht, weil ich nicht oder nur knapp über die Motorhaube schauen kann.
Dieses Paradies des Autofahrens und zugehörige Stadtplanung führt leider dazu, dass es größtenteils kein Straßenleben oder gar Straßencafés, Fußgängerzonen usw. gibt. Das Extrembeispiel ist Sacramento und auch Las Vegas (Nevada). Man bekommt teilweise Angst normale Straßen entlangzugehen, weil einem einfach niemand als Fußgänger entgegenkommt und auch die Straßenbeleuchtung eher mager ist. Als Beispiel mag mal die Gegend um Mission Beach in San Diego dienen: Eine Halbinsel mit einer dichtbebauten Straße direkt an einem himmlisch schönen Pazifikstrand und sehr nah dem Stadtzentrum von San Diego. Wäre diese Gegend in Europa gelegen, so würden sich hier Straßencafés an Bars und Bistros reihen und gerade zur Meerseite hinaus würden zahlreiche Restaurants ihre Veranden und Terassen haben. Hier gibt es auch einige Restaurants und Bars, aber alle sind ausschließlich indoors und niemand spaziert die Straße entlang. Vielmehr fahren alle genau zu dem Restaurant mit dem Auto in dem sie sich verabredet haben, essen dort und fahren dann wieder weg. Es werden so wenig Schritte wie möglich unter freiem Himmel getan. UNGLAUBLICH!!!
Nochwas. In Europa gibt es Autos die Wohnwagen ziehen. Total normal. Hier gibt es Wohnwagen die Autos ziehen. Ja genau, richtig gelesen. Verrückt!

Eine weitere komische Sache ist die Bettwäsche. In Europa, zumindest in Deutschland, hat man das Bettinnenleben, das in Bettzeug bzw. Bettbezügen eingetütet wird. Hier hat man eine Bettdecke ohne Bezug, die auf ein Laken gelegt wird, oben drauf kommt noch ein Laken. Quasi ein Sandwich aus Laken, Bettdecke, Laken. Wobei alle drei Schichten völlig auseinanderdriften wenn man sich auch nur öfters als 3 mal im Bett bewegt. Total unsinnig!!!

Das TV-Programm ist im Übrigen der größte Schrott überhaupt. Einzig ertragbar ist HBO (Pay TV). Ehrlich gesagt ist HBO sogar sehr sehr gut. Dagegen ist das Radioprogramm der Hammer. Es gibt hier 3 Radiobänder: AM, FM und XM. Im letzteren Band (vermutlich digitales Radio?) befinden sich ca. 200 Radiosender ohne Werbung, die jeweils einen Musikgeschmack abdecken. Auch ein Kanal mit Hörbüchern ist unter denen. Die Sender sind wirklich wirklich gut und wirklich jeder Musikgeschmack ist abgedeckt, ohne den bekannten Radio-Pop-Mix-Mist.
Noch eine geniale Sache Kaliforniens ist die Berglandschaft. Man befindet sich 1 h vom Badestrand entfernt und es liegt Schnee! Ja! In Kalifornien fährt man in sehr kurzen Abständen durch extrem heiße trockene Wüsten und dann durch verschneite Berge. So sieht's aus!

Tschüss und besucht auch mal Kalifornien. Es ist einfach nur irre (im wahrsten Sinne des Wortes)


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